Uns, das sind zwei meiner Freunde, Lars und Harald, ich, zwei Holländer und Dante, unser junger, symathischer Guide.
Es hat minus 8 Grad und der permanent leichte Aufstieg verlangt auch von uns körperlichen Einsatz. Mit einem Bein, abwechselnd, schieben auch wir den Schlitten mit an.
Mir ist warm.
Die Hunde legen sich ins Geschirr und es ist unglaublich, mit welchem Vorwärtsdrang sie uns seit unserem Aufbruch am Morgen vor gut zwei Stunden vorwärts bringen.
45 Kilo zieht jeder meiner vier Hunde. Vorneweg die Kleineren; der triebige Leithund „Custer“ und der treue „Suspect“ an seiner Seite, dahinter die zwei stämmigen Sibirian Huskys „Frost“ und „Stormer“ mit ihren kräftigen Schultern und großen Pfoten.
Oft sinke ich beim schieben dort ein, wo die Vier noch gut auf dem Firn gut laufen können.
Es ist eine helle Freude, dem Vierer-Gespann zuzusehen, sie zu unterstützen, gemeinsam das Gelände zu durchqueren.
Die Sonne glänzt silbern hinter der dünnen, tiefliegenden Wolkendecke, die alles um uns herum in ein bläuliches Grau tüncht. Wir sind gerade über die Baumgrenze aufgestiegen und für mich sieht es jetzt hier wie in der Antarktis aus. Ein unendliches Schneemeer, leicht ansteigende Hügel flankiert von schroffen Gebirgszügen, über deren Scharten der Wind den Schnee ins Tal bläst.
Allein die in Sichtnähe regelmäßig aneinendergereihten, roten X-e, die Schlechtwetter-Markierung für Skietourengänger und Hundeschlitten-Gespanne, weisen auf eine angelegte Route hin.
Dem Kungsleden, dem Königspfad, wie diese beliebte Strecke hier genannt wird.
Aber wir haben Glück, sind in einer Neben-Saison unterwegs und so stoßen wir heute wie auch in den folgenden Tagen kaum auf andere Menschen.
Glück haben wir auch, dass wir trotz des weichen Neuschnees oft entlang einer Motorschlitten-Spur ziehen können, die die Tagesetappen-Camps verbindet. Ranger versorgen die Camps mit Brennholz und anderem nötigen Materialien. Das macht es auch für die Hunde etwas leichter, die noch zu Anfang mit vollem Proviant schwer beladenen Schlitten voranzubringen.
Back to the roots
Während es für die Hunde das selbstverständlichste der Welt ist, sich hier zu bewegen, merke ich, welche Gefühle und Gedanken allmählich in mir aufsteigen; kein Handyempfang jetzt und die nächsten Tage, zu erwartende Tagestemperaturen im zweistelligen Minusbereich, Schneetiefen von durchschnittleich zwei Metern unter mir und die nun folgenden 200km durch mir unbekanntes Gelände…
Ein Abenteuer?
Ja, zwar ein kalkulierbares und nicht wirklich gefährlich, aber in dieser Kombination meinem Gefühl nach wieder einmal etwas völlig Neues, Unbekanntes, Aufregendes… ein richtiges Abenteuer!
Wir machen in einer Senke eine kurze Rast. Der Schnee-Anker ist in den Boden gestampft, der Schlitten liegt auf der Seite; sonst würde so manches Gespann aufgrund der Ungeduld der Hunde ohne seinen menschlichen Passagier weiterziehen. Die sind nicht zu bremsen, die vierbeinigen Jungs und Mädels.
Meine Leithunde hingegen sind erfahrene Guides, legen sich bei jedem Halt sofort in den Schnee und dösen während Frost und Stormer auf der Stelle treten und es nicht für nötig empfinden, sich etwas zu erholen. Ich graule sie, kuschle ihr Fell und quatsche ihnen liebevoll die Ohren voll. Sie drücken sich an mich, nutzen jede Chance auf Wärme und Zuneigung.
Keiner der Hunden droht zu schnappen oder wendet sich ab. Von Anfang an schloss ich meine „Bande“, wie jeder Andere von uns auch, sein „Team“ sofort ins Herz. Was auch nicht schwer fällt bei deren Schönheit, ihrer Zutraulichkeit und ihren faszinierenden Augen.
Sofort war mir klar: Du hast jetzt die Verantwortung für sie, bist dafür zuständig, dass es ihnen gut geht und dass Sie diese Tour unbeschadet und ohne Verletzungen überstehen!
Das allein ist schon ein tolles Gefühl und diese Aufgabe eine Ehre für mich - denn schließlich begleiten und ermöglichen sie mir, diesen Traum wahr werden zu lassen. Mein Team… wow ;0)
Nach einer Tagesetappe: Hunde angeleint an einer langen Kette. |
Aber zuerst heißt es erst einmal die Hunde einzeln auszuspannen und an eine lange Kette anzuleinen, mit der Axt gefrorene Fleischwurst in 26 gleiche Stücke zu zerteilen und als Snack schon mal an die Hunde zu verfüttern.
Während die einen von uns sich zur nahegelegenen Wasserstelle aufmachen und das Eis aufhacken, um mehrere befüllte Kanister davon zum Lager zurückzuziehen beginnen Andere, Feuerholz zu hacken.
"Amundsen" Lars auf Kurs. |
Heißes Wasser ist oberste Priorität und Anfang eines jeden Camp-Aufenthaltes.
Große Fleichblöcke werden zerhackt und mit kochendem Wasser übergossen, zum abendlichen und morgentlichen Futter der Hunde.
Die Sauna in der nahe gelegenen Nebenhütte wird eingeschürt und Wasser zum aufgießen und duschen abgefüllt und schließlich auch der langersehnte Cafee oder Tee aufgebrüht.
Stormer und Frost, die zwei Wheeldogs. |
Wir richten unser Lager in den Stockbetten her, gehen vor die Tür und bewundern den Sternenhimmel, dieses absolute Stille und halten Ausschau nach dem Phänomen, dass ein Jeder hier so sehnlichst hofft zu sehen… der grüne Schimmer des Polarlichtes. Doch leider vergebens.
Suspect - immer am lächeln ;0) |
Bier, gute Gespräche, Aufgüsse und ab und an nackt und dampfend hinaus in die absolute Kälte - und dann wieder rein zur nächsten Runde. Traumhaft.
Die ersten Sonnenstrahlen wecken auch die ersten Gedanken in uns… die Hunde!
Schnell eingeschürt und Wasser für das Futter und den morgendlichen Tee oder Cafee aufgesetzt. Es folgt die erste Streichel-Runde mit den flauschigen Kumpanen.
"Haraldson" und seine Jungs |
Das Thermometer zeigt mins 15 Grad.
Eisig - aber schön ;0) |
Nach dem Frühstück, dem Säubern der Hütte und dem Verstauen des Gepäcks in den Schlitten spannen wir die Hunde wieder in ihr Geschirr.
Voller Tatendrang und Vorfreude jaulen und bellen sie schon wieder ungeduldig, bis die Bremsen gelöst und sich die Schlitten wieder in Fahrt setzen - dann schlagartige Ruhe - nur das Hächeln der Hunde und das knarzen des tiefgefrorenen Schnees unter den Kuven.
Noch werfen die morgentlichen Sonnenstrahlen ein warmes, oranges Licht auf die Schneefelder.
Intensität
Kungsleden, Lappland |
So einfach - so schön!
Allmählich kristalisieren sich die einzelnen Charakter- und Wesenszüge der verschiedenen Hunde heraus.
Ein jeder auf seine Art Besonders. Gemüt, Verhalten, Rang, Fell, Blicke… was für besondere Tiere, wenn man bedenkt, was sie im Vergleich eines „Wohlstandshundes“ zu fressen bekommen, täglich leisten, unter welchen Bedingungen sie die Nächte und Tage verbringen und in den Gespannen trotzdem 12 und 13 Jährige eingebunden sind.
Die morgendlichen und abendlichen Rituale wiederholen sich in den nächsten Tagen. In den Stunden, in denen wir unterwegs sind, zieht die Sonne ihre niedrige Bahn entlang des Horizontes.
Fühlen sich hier Pudelwohl: Sibirie n und Alaska-Husky's. |
An jedem der folgenden Tage ist die Begeisterung grenzenlos.
Langsam nur verändern sich die Konturen der Schneebedeckten flanken, während wir stundenlang in Schweigen gehüllt nur unseren Hunden und den Winden lauschen, während wir durch die Täler streifen.
Leider bekommen wir weder Rentiere noch Elche zu Gesicht und auch das Sagenumwobene Polarlicht bleibt uns in den Nächten verborgen.
Am fünften Tag, nachdem uns eine langezogene Passage abwärts aus den Hochebenen wieder in niedrige Gefielde führte, erreichen wir viel zu schnell unser letztes Camp,
Die PickUps mit den Anhängern für die Hunde und die Schlitten warten schon auf uns und uns wird klar, dass dieses Abenteuer jetzt zu Ende ist – Wohlbehalten, überwältigt von dem Erlebten, fasziniert von den Eindrücken und verliebt in die Hunde, die uns so viele Kilometer durch diese Hochebene Nordschwedens begleitet haben – der atemberaubende Kungsleden.